Konstantins Geburt

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Diesen Bericht widme ich allen, die wie ich auch lange nach ET noch gewartet haben und gerade dabei sind, die Hoffnung auf eine natürliche Geburt ohne Einleitung o.ä. aufzugeben. Es geht doch! Das Ergebnis liegt gerade [am 26. August 2000] neben seinem Papa und schnauft friedlich ...
Und ganz herzlichen Dank an alle, die mir im Forum und Chat in den letzten fast zwei Wochen Mut gemacht haben.
So, jetzt aber von vorne: Ausgangssituation war ET+11, körperlich war bei mir alles ok aber nervlich lief ich ziemlich auf dem Zahnfleisch. Diese Warterei, dieses Ausprobieren dieser komischen Tipps (von denen nichts geholfen hat), dieses Nicht-Wissen, woran es liegt und wie es weiter geht - für mich waren das die schwierigsten Tage der ganzen SS (sonst hatte ich das Modell "Bilderbuch"). Nicht zu erwähnen brauche ich, dass ich Wehen bis dahin nur aus dem Forum kannte ...
An besagtem ET+11 (22. August) stand bei mir also der Wehenbelastungstest an, aber im Krankenhaus war so viel los, dass ich auf den späten Nachmittag/Abend vertröstet wurde. Mir war es mittlerweile eh' egal, ich war fest davon überzeugt, dass auch das keine neuen Erkenntnisse bringen würde. Im Laufe des Tages hatte ich erst das Gefühl, ich hätte mir den Magen verdorben, weil ich dauernd zur Toilette musste (auch etwas, das ich aus der SS nicht kannte), später kam dieses charakteristische Ziehen im Unterleib und ich dachte nur noch: "Auch das noch! Eine Blasenentzündung und Du kannst keine Antibiotika nehmen." Kein Witz, Wehen habe ich erstmal gar nicht in Erwägung gezogen, ich dachte nur daran, nachher doch nicht mit dem Bus ins Krankenhaus zu fahren. Erst als dieses Ziehen manchmal da war und manchmal nicht, kam ich auf die Idee, doch mal einen Blick auf die Uhr zu werfen - und siehe da: Es "zog" alle acht/neun Minuten. Ungefähr da merkte ich auch, dass mir Herumlaufen ganz gut tat und ich begann, vorschriftsmäßig atmend durch die Wohnung zu tigern. Langsam dämmerte mir auch, dass es wohl losgehen könnte und wir fingen an, die restlichen Sachen einzupacken - nach dem klassischen "Wo ist nur ...?" und "Hast Du an ... gedacht?"-System. Während der heute-Nachrichten hing ich mal wieder schwer atmend im Vierfüßler-Stand über dem Sofa und meinem Freund fiel auf: "Die Wehen kommen alle paar Minuten. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus." Ich wollte jetzt aber gar nicht so dringend. Was, wenn es doch falscher Alarm war (zum angeblich sicheren Badewannen-Test konnte ich mich nicht durchringen, ich wollte lieber weiter rumlaufen)? Außerdem fürchtete ich, mich in der Klinik nicht so frei bewegen zu können wie zuhause. Ich hörte aber schließlich doch auf ihn und ließ mich ins Auto setzen. Die beiden Wehen vom Krankenhausparkplatz zum Kreißsaal zeigten mir, dass die Entscheidung doch nicht so falsch war. Da standen wir nun - und ich guckte die Hebamme nur an und sagte: "Ich glaube, es sind Wehen." (Was Schlaueres fiel mir in dem Augenblick wirklich nicht ein.) Die Hebamme verfrachtete uns in einen gemütlichen Kreißsaal mit Doppelbett und während der ersten CTG-Orgie schaffte ich sogar noch den Politik-Teil meiner Tageszeitung. Die Wehen wurden allerdings eher weniger als mehr und da ich mit den CTG-Kurven nichts anfangen konnte, befürchtete ich schon, wieder nach Hause geschickt zu werden. Die Hebamme rückte dann zur unvermeidlichen Muttermundsuntersuchung an, machte an der entscheidenden Stelle ein erstauntes Gesicht und verkündete sagenhafte sieben Zentimeter. Während ich nach der Untersuchung weiter durch den Kreißsaal tigerte, machte mir der Arzt Mut, das würde wahrscheinlich eine Geburt ohne größere Probleme und schon in dieser Nacht würde es geschafft sein. Wir sprachen auch kurz über Schmerzmittel, aber für eine PDA war es nach seiner Aussage eh' zu spät und ich hielt es auch - noch! - gut aus. Zur Entspannung - mittlerweile war ich reichlich nervös - entschied ich mich für Akkupunktur (vorher hatte ich mal entfernt mit dem Gedanken einer Wassergeburt gespielt - danach war mir jetzt gar nicht mehr). Die fast eine Stunde mit Nadeln und CTG hat mir sehr gut getan. Ich döste zwischen den Wehen wunderbar weg und nur das Veratmen im Liegen fiel mir schwer. Als ich in der nächsten CTG-Pause meinen Marsch durch den Kreißsaal wiederaufgenommen hatte, musste ich leider feststellen, dass mein Kreuzbein jetzt richtig übel anfing, weh zu tun und mir nur noch die Seitlage erträglich erschien. Muttermund war jetzt auch richtig offen und nach kurzer Zeit platzte auch erwartungsgemäß die Fruchtblase (kam mir doch noch relativ viel Flüssigkeit vor, dafür dass der Kopf fest im Becken saß). Allerdings war es dann auch mit meiner Tapferkeit recht schnell vobei, als der Kleine sich seinen Weg durch mein Becken bahnte. So gut ich vorher noch veratmete und durchhielt - so unmöglich erschien mir das jetzt. Die Wehen erwischten mich jetzt richtig und ich brüllte nur noch wie am Spieß. Mein markerschütterndes Geschrei muss im ganzen Stadtviertel zu hören gewesen sein (zumindest kam es mir so vor). Dort geht nach meinem Auftritt in dieser Nacht bestimmt die Geburtenrate stark zurück ...
Leider hatte der Kleine nicht die Durchs-Becken-Rutsch-Geschwindigkeit, die ich mir so erträumt hatte und in meinem Kopf war nur noch Angst, Panik und Schmerz. Die Hebamme und mein Freund taten wirklich alles, um mich zu beruhigen und mir Mut zu machen (und im Nachhinein ist es mir auch ziemlich peinlich, so ein Theater gemacht zu haben), aber ich brüllte weiter um Hilfe - für die es natürlich jetzt viel zu spät war. Sie boten mir noch ein Schmerzmittel an, dass die Wehenspitzen etwas nehmen sollte, aber mein Gefühl sagte mir, dass das mein brechendes Kreuzbein (so fühlte es sich an), auch nicht mehr retten konnte. Mir war einfach nur noch alles (und zwar wirklich alles) egal, ich wollte nur noch, dass dieser Schmerz aufhört (einstweilen brüllte ich weiter). Ein bisschen Erleichterung verschafften mir manche Wehenpausen, in denen ich das Gefühl hatte, für kurze Zeit richtig wegzutreten.
Ich merkte, dass auch die Hebamme bei diesem Nicht-Fortgang der Dinge etwas besorgt wurde, eine große Hilfe war ich in diesen Momenten wirklich nicht. Nächste Stufe: Ich sollte mitpressen, damit der Kopf sich weiterbewegte. Das fiel mir dann schon etwas leichter, ich setzte aber immer noch die meisten Wehen in Schreien um. Mein einzigen normalen Worte waren: "Sie kommt." Gemeint war die nächste Wehe.
Als die Herztöne des Kleinen sich auch noch veränderten, entschloss sich der Arzt zu einer Blutuntersuchung des Babys (da wird am Kopf, der noch drin ist, Blut entnommen) und dann sagte er, das Ganze müsse jetzt beschleunigt werden, weil es dem Baby nicht ganz so gut ginge. Sie verfrachteten mich in einen anderen Kreißsaal (obwohl ich hätte schwören können, nie mehr einen Meter gehen zu können und schon gar nicht auf dem Rücken liegen) und da drückte dann der Arzt von oben mit auf meinen Bauch. Mein Freund sagte, das hätte sehr rabiat ausgesehen. Unter den anfeuernden Rufen der Hebamme und den mahnenden Worten des Arztes ("Denken Sie an Ihr Kind!") presste ich jetzt mit aller Kraft - und schneller, als ich gucken konnte, war das Kind draußen. Ich glaube, zum Schluss waren wir alle über die Geschwindigkeit erstaunt.
Jetzt war ich nur noch erleichtert, völlig kaputt und glücklich. Während ich mich mühsam sammelte, kümmerte sich mein Freund um den Kleinen. Ich hatte das Gefühl, ich hätte nicht die Kraft dazu. Aber es war alles ganz wunderbar und mein Kopf funktionierte irgendwie schon wieder schneller als der Rest und während der Arzt den Dammschnitt nähte (vom Schneiden hatte ich nichts gemerkt), unterhielt ich mich schon wieder mit ihm über Zwillingsgeburten - spätestens jetzt muss er mich für völlig verrückt gehalten haben. In der Rückschau hat sich das Geburtserlebnis zwar noch nicht ganz verklärt, aber ohne die fantastische Unterstützung durch Arzt, Hebamme und meinen Freund hätte ich es mir nicht vorstellen können. Gegen 20 Uhr waren wir im Krankenhaus angekommen und der Kleine ist um 2.12 Uhr geboren worden.
Den Rest der Nacht verbrachten wir drei in dem ersten Kreißsaal in dem gemütlichen Doppelbett. Sogar das erste Stillen klappte - wir sind beide dabei eingeschlafen. Dem Kleinen merkte man die stressige Situation in meinem Becken auch nicht mehr an, seine Werte waren in Ordnung (ich habe sie allerdings gleich vergessen). Allerdings könnte eine Erklärung für den schwierigen Mittelteil in Größe und Gewicht liegen: 53cm und 4210g sprechen, denke ich, für sich.
Heute ist er vier Tage alt und wir drei haben wunderbare Tage in einem Familienzimmer des Krankenhauses hinter uns. Der beste Papa der Welt und ich haben hier großartige Hilfe für alle kleineren und größeren Probleme gefunden. Ich bin auch erstaunt, wie schnell man letztendlich doch wieder fit ist, am ersten Tag dachte ich noch, ich könnte nie weder sitzen und mein Kreislauf war so schlapp. Und ständig sagt uns einer, wie groß und schwer unser Kind ist. Meine Standardantwort darauf ist: "Aber auch süß." Ich finde ihn außergewöhnlich fit und bilde mir ein, er könnte in Bauchlage schon den Kopf heben (Mütter halt ...).
Morgen kommt die nächste Bewährungsprobe: Wir fahren nach Hause (ich find's hier so nett, ich könnte noch hier bleiben) und der Kleine bekommt endlich seinen Namen. Wir konnten uns bis jetzt noch nicht entscheiden, der Arbeitstitel ist Mops - wenn ich ihn mir so angucke, passt es genau.
Meine drei Tipps an alle, die es noch vor sich haben:
1. Keine Angst vor großen oder schweren oder trödelnden Kindern. Die Kinder kommen dann, wann sie fertig sind.
2. Sucht Euch das Krankenhaus gut aus. In Frankfurt kann ich ein Gutes empfehlen ... :-)
3. Hört im Kreißsaal auf Euren Körper und lasst Euch nichts einreden. Jede Geburt ist anders.

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